Fundraising-Budget:Null

Fundraiser Magazin

(Fundraiser – Das Branchenmagazin für Spendenmarketing, Stiftungen und Sponsoring, Ausgabe 1/2013) 

 

Neben den großen, bekannten NPO’s, welche über ein hinreichendes Fundraising- Budget verfügen, gibt es in Deutschland weit über 580.000 Vereine, die nur ein geringes oder ein so genanntes „Zero“ Budget für den Bereich Fundraising haben. Für die Institutionen gestaltet sich dies oft wie ein Lauf auf sandigem Untergrund. Einerseits benötigen sie nichts dringlicher als eine konzeptionelle Mittelakquisition, um den Spendenfluss zu aktivieren, andererseits reicht das Geld gerade mal für den gemeinnützigen Auftrag und dessen praktische Umsetzung.

 

So erging es Angelika Staudt, Initiatorin und Projektleiterin des Peer-Educator-Projektes „Die Verhütungsexperten“, einem Multiplikatorenprojekt, welches Schüler der Jahrgangstufe acht zu Experten in Sachen Verhütung von HIV/Aids, sexuell übertragbarer Krankheiten und ungewollter Teenager-Schwangerschaft ausbildet. Das Projekt wurde 2005 ins Leben gerufen und wird heute an über 20 Schulen der Metropolregion Rhein-Neckar und dem Stadt- und Landkreis Karlsruhe angeboten.

 

Die Initiatorin beschloss, dass sie das erfolgreiche Projekt trotz fehlendem Budget weiter nach vorne bringen will und entwickelte auf dieser Grundlage ihr persönliches Null-Budget-Fundraisingkonzept. Zunächst richtete sie den Blick nach innen, um die verborgenen Qualifikationen und Ressourcen des Projektes zu entdecken. Ihr Ziel war es mit kleinen Dingen Großes zu bewirken. Doch wie geht das? Ein erster Ansatz war es die Instrumente und Innovationen der großen NPO’s zu adaptieren und sie in den eigenen Kontext zu bringen. In einem weiteren Schritt wurden alle kostenfreien Fundraisingtools recherchiert, von der Website, über Social Media hin zu Newsletter-Angeboten, Onlinespendenforen und Open PR Kanälen. „Ich nahm Abschied von einem grafisch und technisch professionellen Habitus und konzentrierte mich auf die Inhalte. Alles wurde mit vorhandenem Material umgesetzt. Ich habe konsequent nur aus dem eigenen Fundus heraus agiert“, erklärt Angelika Staudt, „letztendlich überzeugt der gesellschaftliche Nutzen des Projektes, das habe ich mir vor Augen geführt“.

 

Ein Schwerpunkt ihres Null-Budget-Konzeptes ist eine intensive Pressearbeit. „Seit dem Auf- und Ausbau der Ansprechpartner wird für einen regelmäßigen Informationsfluss gesorgt. Ich erzähle kleine Geschichten aus der Projektarbeit und bohre mich so langsam aber nachhaltig in die öffentliche Wahrnehmung hinein“, erläutert die Projektleiterin. Diesen Prozess kann man an Hand von Web-Statistiken gut kontrollieren und optimieren. Ein weiteres Steckenpferd ist die Netzwerkpflege und Kooperation mit themennahen Einrichtungen. Hierbei geht es weniger um Kooperationen, die am Runden Tisch enden und oft nur in einer Willenserklärung münden, sondern um gelebte Gemeinschaftsarbeit. Wissen wird geteilt und Hilfe angeboten. Netzwerke werden mit ins Boot geholt und auch mal mutig um die Ecke gedacht. Oft bringt ein geknüpfter Kontakt im ersten Schritt nicht den erhofften Erfolg, doch hier baut Angelika Staudt auf das Kleine-Welt-Phänomen, der Tatsache, dass jeder jeden über sechs Ecken kennt. So ergeben sich immer wieder überraschende Verbindungen und unerwartete Hilfsangebote. Auch mit wertvollen Informationen wird nicht gegeizt. Das Wissen um Fördertöpfe und Ausschreibungen wird aktiv geteilt. Diese Haltung schafft tief greifendes Vertrauen und bildet die Basis einer fruchtbaren Zusammenarbeit.

 

Wichtige Glieder in der Kette des Null-Budget-Fundraisings sind die ausgebildeten Verhütungsexperten. Diese werden nicht nur zu Experten auf dem Gebiet der Verhütung von HIV/Aids, sexuell übertragbarer Krankheiten und ungewollter Schwangerschaft im Teeniealter, vielmehr sind sie die bedeutsamsten Multiplikatoren für das Projekt. Die Auseinandersetzung mit der Thematik Sex und Verhütung greift tief in das soziale Leben der Jugendlichen und löst auf mehrschichtigen Ebenen Neugier und Beachtung aus. Dies macht sich das Null-Budget-Fundraising zu Nutzen. Greifen alle Maßnahmen durchdacht und nachhaltig ineinander, kann sich auch eine sehr kleine Institution systematisch profilieren und erreicht langfristig ihr dringlichstes Ziel: die Aufmerksamkeit und Handlungsbereitschaft von potentiellen Spendern und Sponsoren!